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1947, zwei Jahre nach dem Krieg, wurde ich 15 und bin nicht mehr zur Realschule zurückgekehrt. Ich sollte Abitur in vier Jahren in einem Berliner Sonderkurs machen - vom Lehrer empfohlen. Jahrelang hatte ich mit Gummistempel Einzelbuchstaben gesetzt, war eine Leseratte, wollte keine Lehre im Berliner :Roten Rathaus9 machen. Es trieb mich zur Setzerlehre, mehr intuitiv als informiert, denn ich kannte niemanden, der mir alles hätte erklären können. So bewarb ich mich beim :Kurier9, der Zeitung der französischen Besatzungsmacht mit Druckerei (deutsche Firma + Filiale der Imprimerie National, wo der französische Bedarf für Deutschland, speziell für die Armee, gesetzt und gedruckt wurde). Zum Lehrprogramm, speziell auch in der Berufsschule, gehörte das Gestalten von Seiten, z.B. Formulare, Urkunden und Akzidenzen, auch Bücher. Nebenbei, Setzer genossen früher ein Privileg höherer Bildung, sie durften Degen tragen, eine Art Dolch. |
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Ich kann für mich selbst nur sagen, dass ich begeistert in Arnswalde, unweit Stettin, in der :Deutschen Hauptschule9 ab 1942 anfing, Englisch zu lernen. Dieser Sprachunterricht war politikfrei und machte Spaß bis zum th-Drill: »Kinn vorschieben und Tzunge zwischen die Tzähne.« Dass wir eine zweite Schriftart lernten nach Sütterlin - nun, Lateinisch war nur eine weitere Lerneinheit, diesen Kulturbruch habe ich mit 10 gar nicht mitbekommen und die Erwachsenen auch nicht: die einen glaubten an :Endsieg9, die anderen ahnten das fürchterliche Ende. Ich auch. Außerdem mussten die Frakturbücher nicht auch noch verbrannt werden, die alten Schriften begleiteten uns weiter. Der Kulturschock der Schriften wurde mir wohl erst mit Beginn der Lehrzeit allmählich bewusst (gemacht?). |
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Russisch lernen müssen wäre schwieriger. Wir sahen 1945 Kyrillisch täglich auf Sieger-Billboards, aber die Russen waren so realistisch, alles auf Deutsch - lateinisch - dazuzuschreiben. »Die Hitler kommen und gehen, aber das deutsche Volk bleibt bestehen«, O-Ton Stalin, Mai 1945, hundertfach auf Berlins Straßen. Es tröstete ein wenig, denn Hitler wollte tatsächlich, dass dieses undankbare Volk verende. | |||||||||||
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Um 1950 besuchte ich Abendkurse für Gestaltung (IG Druck und Papier, heute bei Ver.di) und Günter Gerhard Lange. | |||||||||||